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acvProfil 6-2015 - Tippen kann tödlich sein

Mittel dagegen: „Handyverbot im Auto und auf dem Fahrrad.“ Eine Mitschuld am gestiegenen Ablenkungsrisiko sieht der Psychologe Prof. Dr. Rüdiger Trimpop von der Uni Jena bei den Auto- mobilherstellern: „Die haben das Auto zur Elektronikanstalt gemacht.“ Nach Trimpops Meinung leidet die individuelle Fahrkompetenz unter der einseitigen Fokussierung auf die Technik – in einem Ausmaß, das laut Trimpop „dringend und intensiver erforscht werden müsste, von Industrie und Politik bislang aber systematisch ignoriert wird.“ SINNVOLL: PRÄVENTION SCHON IN DER FAHRSCHULE Auf mehr Sicherheit durch Prävention setzt der Wiener Verkehrspsychologe Dr. Gregor Bartl. „Besser fahren zu lernen bedeutet, die Funktionsweise des Gehirns zu verstehen“ lautet das Credo des Mitinitiators der österreichischen Mehrphasen-Fahrausbildung, die Fahr- neulinge auch in Unfallvermeidungsstra- tegien schult. Bartl empfiehlt dringend, die Fahrschüler schon in Ausbildungs- und Prüfungsfahrten mit dem Thema Ablenkung zu konfrontieren und ihnen dabei zu vermitteln, „dass man zwar gleichzeitig ein Handy und ein Auto bedienen kann, aber nicht beides gleich gut.“ Zudem fordert auch er ein stan- dardisiertes Erfassungsverfahren, das bessere Rückschlüsse auf den Faktor Ablenkung bei Unfällen erlaubt. ABLENKUNG: POLIZEILICH NICHT VORGESEHEN Genau hier liegt aber ein grundsätz- liches Problem. Laut Prof. Dr. Dieter Müller vom Bautzener Institut für Ver- kehrsrecht ist der Ablenkungsbegriff in den noch aus dem Jahr 1975 stammen- den Unfallaufnahmebögen der Polizei als potenzielle Unfallursache überhaupt nicht enthalten. Das Resultat: „Es gibt weder eine aussagefähige Datenbasis noch eine offizielle behördliche Statistik dazu.“ Daher fordert Müller „die längst überfällige Einführung des Stichworts „Ablenkung“ als Unfallursache in das Verkehrsrecht“, um damit auch die bis- lang fehlende juristische Bewertung bei polizeilichen Kontrollen zu ermöglichen. Bis es dazu kommt, dürfte es aber noch dauern, da eine bundesweite Regelung von einer erfahrungsgemäß schwer herzustellenden Übereinkunft sämtli- cher Landes-Verkehrsminister abhängt. Müller: „Die Politik muss hier Gas geben und eine einheitliche Gesetzgebung absegnen.“ Ändern muss sich aber auch etwas in den Köpfen der Verkehrsteilnehmer. DVR-Experte Kay Schulte verlangt daher „nach einem öffentlichen Signal, dass Ablenkung am Steuer von der Gesellschaft nicht akzeptiert wird“. Wie das konkret aussehen könnte, definierte Dr. Georg Bartl: „Ablenkung am Steuer ist zwar ein geachtetes Thema, aber noch kein gesellschaftlich geächtetes Thema wie etwa Alkohol am Steuer. Aber dahin müssen wir kommen.“ acv Profil 6/15 9 Gefährliche Ablenkung 1 Bemängelt das Gefahrenbewusst- sein bei den Verkehrsteilnehmern: Prof. Dr. Mark Vollrath 1 Kritisiert die Ignoranz bei der Erfor- schung der Ablenkungsgründe: Prof. Dr. Rüdiger Trimpop Die Erkenntnis ist vorhanden, wird aber kaum umge- setzt: Laut einer repräsentativen Umfrage durch das Marktfor- schungsinstitut ipsos unter 2000 Personen halten rund 75 Prozent aller Autofahrer das Telefonieren und Bearbeiten von SMS für die gefährlichsten Ablenkungs- faktoren 3 1 Die Experten bei der Podiumsdiskussion: DVR-Referent Kay Schulte, Psychologe Dr. Gregor Bartl, BMW-Entwickler Prof. Dr. Klaus Kompass, Verkehrsjurist Prof. Dr. Dieter Müller und Moderatorin Steffi Neu (v. l. n. r.) acv Profil 6/159

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