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acvProfil 4-2015 - Geeignet und fahrtüchtig?

20 acv Profil 4/15 Nahezu jeder elfte Verkehrstote in Deutschland fällt einem Alkohol-Unfall zum Opfer. Bei fast jedem zwanzigsten Unfall mit Personenschaden wird Al- koholeinfluss als Ursache festgestellt. Mehr als 1000 Pkw- und Motorradfah- rer verursachten 2013 einen Unfall unter dem Einfluss illegaler Drogen. Bei der Tagung des DVR kamen erschreckende Zahlen, aber auch neue Vorschläge zur Lösung der alkohol- und drogenbeding- ten Probleme im Straßenverkehr auf den Tisch. DIE ZAHL DER KONTROLLEN IST DRAMATISCH GESUNKEN Auf eine seiner Meinung nach dringend notwendige Änderung der gesetzlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit Alkoholfahrten machte Thomas Kaufmann von der Uni Mainz aufmerk- sam. Er registriert in Rheinland-Pfalz beispielhaft für ganz Deutschland eine ständig sinkende Zahl von Alkoholkon- trollen. Aktuell würde nur noch halb so viel kontrolliert wie in den 1990er-Jah- ren. Der Grund, so Kaufmann: Die Poli- zei scheue den Aufwand, mitten in der Nacht einen Richter für die Anordnung einer Blutprobe auftreiben zu müssen, wenn ein als Alkoholsünder verdächti- ger Autofahrer diese verweigert. Kauf- mann: „Das kann nicht im Sinne der Verkehrssicherheit sein.” Dieser soge- nannte „Richtervorbehalt” müsse aus dem einschlägigen Paragraphenwerk der Strafgesetzordnung verschwinden. Der stellvertretende Leiter der Unter- suchungsstelle für Blutalkohol an der Uni Mainz hält auch die seit 2001 gel- tende 0,5-Promillegrenze für Auto- und Motorradfahrer nicht für der Weisheit letzter Schluss. „Eine Herabsetzung ist durchaus sinnvoll”, so Kaufmann bei der DVR-Tagung. Unter anderem, weil das Verkehrsgeschehen immer komplexer werde und die Anforderungen an die Verkehrsteilnehmer ständig stiegen. MANCHE LÄNDER GEHEN ZU LÄSSIG MIT DEM THEMA UM Auffällig angesichts der oft beklagten EU-Normierungswut: Europaweit gibt es keine gemeinsame Regelung für Al- koholgrenzwerte. Sie liegen zwischen null und 0,8 Promille, die Geldstrafen für Ersttäter differieren zwischen 100 Euro und deutlich über 1000 Euro. Die Tendenz bei den Alkoholunfällen ist zwar generell rückläufig. In Deutsch- land sind rund neun Prozent der Ver- kehrstoten auf alkoholbedingte Unfäl- le zurückzuführen. Europaweit sind es aber nach Schätzungen der Europä- ischen Kommission zwischen 19 und 28 Prozent – und dafür gibt es Gründe: Speziell in Ländern wie Belgien oder Italien hat DVR-Referen- tin Jaqueline Lacroix einen eher lässigen Umgang mit dem brisanten Thema festgestellt. Dabei hält eine massive Mehrheit der Autofahrer in ganz Europa bei Umfragen das Thema Alkohol im Straßenverkehr für besonders wichtig und die Kontrolldichte für viel zu niedrig. „Das Problem- bewusstsein ist sehr ge- stiegen”, so Lacroix. „Aber erschreckenderweise gibt es immer noch Länder, in denen die Autofahrer glau- ben, dass sie in alkoholi- siertem Zustand noch fah- ren können.” AUCH FÜR RADLER LIEGT DER GRENZWERT ZU HOCH Maximal null bis 0,8 Promille am Steuer in Europa – darüber können al- koholisierte Radfahrer nur mitleidig schmunzeln: 1,6 Promille am Lenker gelten derzeit als Grenze für die ab- solute Fahruntüchtigkeit im Radver- kehr. Roland Huhn vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) hält diese Zahl für viel zu hoch. Er schlägt eine Grenze von 1,1 Promille vor. Un- terschiedliche Werte seien berechtigt, weil Rad- und Autofahren auch unter- schiedliche Anforderungen stelle, so der Experte. Die Selbstgefährdung ste- he bei den Radlern eindeutig an ers- ter Stelle. Auffallend: Ein sehr hoher Anteil betrunken verunglückter Rad- fahrer war mit Werten um die 2,5 Pro- mille Alkohol im Blut unterwegs. „Die 1,1-Promillegrenze hat das Potenzial, jedes Jahr mehrere hundert Radler vor Unfällen mit Verletzungen und Tod zu bewahren”, davon ist Huhn überzeugt. Geeignet und fahrtüchtig? Unter diesem Motto diskutierten auf Einladung des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) Experten über die Folgen von Alkohol und Drogen im Straßenverkehr 1 Hohes Gefahrenpotenzial: Alkohol, Drogen und Medikamente reduzieren die Reaktions- fähigkeit 7 Nicht einheitlich: Europaweit liegen die Blut- alkohol-Grenzwerte zwischen 0,0 und 0,8 Promille _ACV Profil 4 DV1-Proof.indd 20 17.08.15 09:30 _ACV Profil 4 DV1-Proof.indd 2017.08.1509:30

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