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acvProfil 2-2015 - Technisch geht schon alles

Autonomes Fahren

rung eines Fahrzeugs beeinflussen, bis- lang nur zulässig, wenn sie jederzeit vom Fahrer abgeschaltet oder über- stimmt werden können. Die ethischen Prioritäten und juristischen Konsequen- zen eines trotz aller Elektronik unver- meidbaren Unfalls bilden aber ein noch viel komplexeres Problemfeld: Wie bei- spielsweise soll sich ein Steuergerät entscheiden, wenn ihm nur noch die Wahl zwischen der Schädigung anderer Verkehrsteilnehmer oder der eigenen Passagiere bleibt? Sind Kinder, die un- vermittelt auf die Straße springen, ein höheres Rechtsgut als ein Erwachsener auf dem Gehweg, den das Fahrzeug beim Ausweichen unweigerlich treffen würde? Solche Fragen erinnern an das altgrie- chische Gedankenspiel vom „Brett des Karneades“, in dem sich zwei Schiff- brüchige auf einer Planke über Wasser halten, die aber nur eine Person tragen kann. Daraufhin stößt der eine den an- deren ins Wasser, der daraufhin er- trinkt. Generationen von Juristen haben sich schon mit der Frage nach der Straf- barkeit des Überlebenden befasst – und kamen zu dem Schluss, dass zu- mindest nach dem deutschen Strafge- setzbuch hier zwar eine rechtswidrige Tat vorliegt, die aber als entschuldigen- der Notstand zu werten und damit nicht strafwürdig ist. SOLLEN ALGORITHMEN ÜBER LEBEN UND TOD ENTSCHEIDEN? Ob eine solche Regelung aber auch auf die Haftung programmiert agierender Fahrzeuge anwendbar ist, darf bezwei- felt werden. Für Professor Eric Hilgen- dorf, Leiter der Forschungsstelle Robot- Recht an der Universität Würzburg, sind schon teilautonome Fahrzeuge mit Einparkhilfen und Spurhalte-Assisten- ten „juristisch durchaus problematisch“. Die Versicherungen reagieren bislang ebenfalls eher reserviert auf die Ver- sprechungen der Industrie. Dass ein technisches System tatsächlich besser sein soll als der menschliche Fahrer, ist für Siegfried Brockmann, den Leiter der Unfallforschung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), „erst mal nur eine Behauptung“. Die Komplexität des Themas ist auch den Herstellern klar. Daimler-Chef Dieter Zetsche fordert ein branchen- übergreifendes Nachdenken über eine Lösung der Ethik-Frage und die Ent- wicklung von digitalen Handlungsvor- schriften für vollautomatisierte Fahr- zeuge. Ein solcher Algorithmus müsse dann im Fall eines unvermeidbaren Un- falls entscheiden, in welche Richtung ein Auto fahren muss – auch wenn es auf beiden Seiten Personen gibt, die dadurch zu Schaden kommen könnten. „Das kann kein Hersteller für sich ent- scheiden“, weiß Zetsche – und lässt damit immer noch die wichtigste Frage offen: Wer kann es entscheiden? acv Profil 2/15 5 Elektronik: Nicht ohne Risiko Auch die Elektronik arbeitet in der realen Welt nicht hundertprozentig fehlerfrei. Nicht umsonst sitzen in einem mit Computern vollgestopften Flugzeug-Cockpit immer noch zwei Piloten, um im Falle eines Falles das Steuer vom Autopilot zu überneh- men. Und im Auto funktionieren selbst die vergleichsweise banalen Verkehrsschild-Erkennungssysteme, die schon seit sieben Jahren auf dem Markt sind, bis heute je nach Herstel- ler nur mehr oder weniger unvollkom- men. Zudem sind digitale Steuerge- räte von außen angreifbar. Forscher der Universität Washington haben unlängst nachgewiesen, dass sich mit den nötigen Fachkenntnissen nahezu alle elektronischen Funktio- nen eines Autos manipulieren und sogar fernsteuern lassen. Zusätzliche Einfallstore für Hacker eröffnet die zunehmende digitale Vernetzung des Autos mit der Außenwelt. Christoph Krauß, Software-Spezialist am Münchner Fraunhofer-Institut für An- gewandte Sicherheit: „Mit der Car-to- Car-Schnittstelle, dem Internetzu- gang über GSM und Bluetooth sowie dem WLAN im Fahrzeug gibt es gleich drei kritische Schnittstellen.“ 1Hohe Rechenleistung, aber von außen angreifbar: Prototyp eines zentralen Steu- ergeräts für die Assistenzsysteme von Audi 1Kritische Situation für ein autonomes Fahrzeug: Woran erkennt die Elektronik, ob Fußgänger die Straße überqueren wollen? 1Kinder am Straßenrand: Wie reagiert die Elektronik – und wer haftet für die Folgen? acv Profil 2/155

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