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acvProfil 1-2015 - Kosmetik mit 510 PS

Pistenraupen

Christoph Berlinger schwingt sich in den Fahrersessel und startet den 510 PS starken Mercedes-Sechszylinder- Diesel. Die Fahrerkabine des fast neun Tonnen schweren Pistenbully 600 Po- lar ist mollig temperiert, aus der Au- dioanlage röhrt Joe Cocker. Im weiten Schwung lässt der 28 Jahre alte Fami- lienvater sein Dienstfahrzeug aus der Servicehalle der Skiarena Damüls im Bregenzer Wald gleiten, immer wieder kontrolliert er die Umgebung, ob ein verspäteter Skifahrer trotz der Sper- rung noch auf den Hängen unterwegs ist. Dann rattert er hinüber zur Südsei- te des Skigebiets, wo tagsüber die Wärme der Sonne und die scharfen Kanten der Ski dem Pistenbelag zuge- setzt haben. VORN WIRD GESCHOBEN, HINTEN GEGLÄTTET Auf dem Weg dorthin haben Berlingers Kollegen schon lange vor Saisonbeginn mehrere Schneedepots angehäuft und immer dann, wenn es kalt genug war, den Kunstschnee rieseln lassen. Daran bedienen sich nun jede Nacht die gefrä- ßigen Schneekatzen, um die Pistenver- hältnisse auf dem erwarteten hohen Niveau zu halten. Mit dem zwölffach verstellbaren Schild am Bug und der Fräse am Heck werden Schneeberge versetzt, Löcher gefüllt und die Pisten geglättet. Nicht wenige Skifahrer bli- cken den Hightechgeräten neidisch hin- terher. Scheinbar mühelos den Hang hinaufzufahren, das ist für manchen ein alter Kindertraum. STEILE HÄNGE BESTEIGT DER BULLY AM SEIL Berlinger betreibt Landschaftskosme- tik. „Die Skifahrer sind anspruchsvoll, sie wollen nicht nur perfekt präparierte Pisten, sie möchten auch, dass es gut ausschaut“, sagt er im kehligen Vorarl- berger Dialekt. Immer wieder fährt er von der geglätteten Schneefläche in die Umgebung, schaufelt von dort ein paar Kubikmeter herbei und verteilt sie akribisch auf den Buckeln, an denen manchmal etwas Gras hervorschaut. Zu viel darf er außerhalb der markier- ten Piste nicht wegnehmen, schließlich soll überall die weiße Pracht ohne dunkle Stellen tagsüber in der Sonne strahlen und für ein eindrucksvolles Bergpanorama sorgen. An den beson- ders steilen Hängen arbeiten Berlinger und seine Kollegen mit Winschentech- nik. Dann wird ein bis zu 1800 Meter langes Drahtseil an einem einbetonier- ten Stahlpfosten eingeklinkt – und die Pistenraupe zieht sich mit ihrer Winde am Seil den Hang hinauf. Das verhin- dert, dass der Schnee durch das Ge- wicht der Maschine nach unten ab- rutscht. ELEKTRONIK AUF DER PISTE: OHNE GPS GEHT NICHTS Auch sonst hat sich die Technik der Pis- tengeräte dramatisch verbessert. „1950 waren die Skilehrer hier noch mit einem Handroller unterwegs, um den Schnee zu glätten. 1967 hatten wir den ersten Ratrac mit 106 PS“, sagt Markus Sim- ma, Chef der Damülser Bergbahnen und Pistenraupen. Heute präparieren die Mitarbeiter mit zwölf Schneekatzen die Abfahrten. Die Hightechgeräte sind mit GPS-Empfängern ausgerüstet, die auf fünf Zentimeter genau wissen, wie tief der Schnee unter den Raupenket- ten ist. Vorne wird geschoben und ge- schaufelt, hinten gefräst und geglättet. Spät in der Nacht kehrt Christoph in die Garage zurück. Er und seine Kollegen haben dafür gesorgt, dass die weiße Pracht wieder ordentlich verteilt wurde, die Pisten am nächsten Morgen wieder in einwandfreiem Zustand sind. Lange soll der Schnee halten, damit die Ski- fahrer am nächsten Morgen wieder sicher ins Tal schwingen können. Vor allem aber, damit sie in der nächsten Saison wiederkommen. Kosmetik mit 510 PS Schieben, schaufeln, fräsen, glätten: Was Pistenraupen alles können 28 acv Profil 1/15 1Überschüssiger Schnee wird erst gelagert und dann zum Füllen der Löcher genutzt 1Pistenpflege vor 50 Jahren: Damals waren die Skilehrer mit dem Handroller unterwegs 1Stark und effizient: Der Bully glättet nicht nur die Piste, er sorgt auch dafür, „dass es gut ausschaut“

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