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acvProfil 9-2014 - ECAR-Studie zur Akzeptanz der E-Mobilität

„Berlin ist nicht Tokio oder Shanghai!“ Deshalb trage das Elektromobilitätsge- setz auch nicht dazu bei, Kaufanreize für Elektrofahrzeuge zu fördern. Prof. Dr. Stefan Bongard von der Hochschule Ludwigshafen am Rhein, Leiter der ak- tuellen ECAR-Studie zur Akzeptanz der Elektromobilität, im Interview mit dem ACV. Kostenlose Parkplätze und die Benutzung von Busspuren seien keine ausreichenden Argumente, um die Hin- wendung zu Elektroautos zu unterstüt- zen. Das Verkehrsaufkommen sei hier- zulande im weltweiten Vergleich viel zu gering. Zum zweiten Mal beteiligten sich ACV Mitglieder an der ECAR-Studie, der größten unabhängigen Studie zur Ak- zeptanz der Elektromobilität in Deutschland. Wesentliches Fazit: Das Interesse an Elektromobilität ist unge- brochen hoch, die Kaufbereitschaft hat sich aber deutlich verringert. „Das liegt vermutlich daran, dass im Vergleich zur Erhebung im Dezember 2013 heute be- kannt ist, wie viel E-Fahrzeuge tatsäch- lich kosten“, erklärt Bongard. Neben den hohen Anschaffungskosten ist die geringe Batterieleistung ein Hin- derungsgrund für viele Mitglieder, sich ein Elektrofahrzeug anzuschaffen. 74 Prozent der Befragten fordern eine Leistung von mindestens 300 Kilome- tern pro Batterieladung. Doch längere Strecken sind für reine Elektrofahrzeu- ge (BEV) ein Problem. Nach durch- schnittlich rund 100 Kilometern muss derzeit eine Ladepause eingelegt wer- den. Bei einer Reise mit einer Fahrt- strecke von 300 Kilometern können sich 53 Prozent der Befragten nicht vor- stellen, eine Unterbrechung von 30–40 Minuten einzuplanen. Aufgrund hohen Termindrucks sind Elektrofahrzeuge als Dienstwagen für viele keine Option, so Bongard. „E-Cars eignen sich zum Pen- deln und als idealer Zweitwagen für räumlich begrenzte Tätigkeiten wie Ein- kaufen, Sport oder Kinder zur Schule bringen.“ Darüber hinaus sei das Ergeb- nis ein Indikator dafür, dass Geld in ei- ne flächendeckende Struktur an Schnellladestationen fließen müsse. ACV: Deutschland hinkt bei der Elek- tromobilität hinterher und ist weit davon entfernt, Leitmarkt zu sein. Was bedeutet das für Deutschland? Bongard: Ich gehe davon aus, dass der Wettbewerb künftig auch aus dem Aus- land bestimmt wird. In Deutschland kann man sich des Eindrucks nicht er- wehren, dass in der Automobilindustrie ein gewisser Widerstand und mangeln- de Ernsthaftigkeit bei diesem Thema herrschen. Sicherlich liegt das auch da- ran, dass der Ertrag pro Elektrofahrzeug wesentlich geringer ist als bei einem herkömmlichen Auto. Die hohen Kosten resultie- ren unter ande- rem aus den ho- hen Preisen für Akkus, die in der Regel nicht in Deutschland hergestellt wer- den, und an der neuen Lieferan- tenkette, die erst aufgebaut werden muss. Dazu kommt als wesentliches Handi- cap, dass Elektrofahrzeuge derzeit nur in geringen Stückzahlen produziert wer- den. ACV: Wie geht es mit der Elektromo- bilität in Deutschland weiter? Bongard: Die Entwicklung wird weiter- hin zäh sein. Elektromobilität bedeutet in wesentlichen Teilen ein völlig neues System mit neuen Playern, die sich ge- genseitig die Verantwortung zuschie- ben. Die Automobilhersteller fordern von den Energieversorgern eine flä- chendeckende Ladeinfrastruktur, die Energieversorger spielen den Ball zu- rück und fordern von den Herstellern reichweitenstarke Autos. Und der Kon- sument fordert von der Politik konkrete Förderungen in Form von Subventio- nen, die den Kauf eines E-Cars wirt- schaftlicher machen. Die Politik wie- derum macht da nicht mit; noch nicht. ACV: Werden die Gewohnheiten von Autofahrern durch das Elektroauto verändert? Bongard: Ich denke, in absehbarer Zeit spielt das Elektrofahrzeug bei der Wahl der Einkaufsstätte eine Rolle. Wenn Autofahrer künftig während ihres Wo- cheneinkaufs kostenlos Strom auf dem Parkplatz eines Supermarktes laden können, dann trägt dieser Vorteil sicher zu der Entscheidung bei, wo ich Milch und Brot kaufe. In der Studie gaben 59 Prozent der ACV Mitglieder an, dass kostenloses Laden die Auswahl der Einkaufsstätte wesentlich beeinflussen würde. ACV: Ihre Einschätzung: Wann wer- den mehr Elektroautos als Benziner auf der Straße unterwegs sein? Bongard: Die Absatzkurve wird nicht exponentiell nach oben verlaufen, wie manche Studien suggerieren. Ich gehe davon aus, dass maßgeblich externe Einflüsse für eine sprunghafte Entwick- lung verantwortlich sein werden. Fakto- ren, die den Verlauf maßgeblich beein- flussen können, sind zum Beispiel poli- tische Instabilität in Erdölförderländern, Klimakatastrophen oder ein rapide stei- gender Benzinpreis. 16 acv Profil 9/14 ECAR-Studie zur Akzeptanz der Elektromobilität 7Prof. Dr. Stefan Bongard von der Hochschule Ludwigshafen am Rhein Einkaufsstättenwahl Zahlreiche Aktivitäten des täglichen Lebens dau- ern lange genug, um die Ladezeit eines Elektro- fahrzeugs zu überbrücken. Nehmen Sie bitte an, Sie besitzen ein Elektrofahrzeug. Wie hoch ist Ihre Bereitschaft, Gewohnheiten bzgl. Einkaufsstätte, Kino, Friseur, Arztbesuch o.ä. da- von abhängig zu machen, ob man an diesen Orten kostenlos Strom für Ihr Fahrzeug laden kann? Sehr hoch, das ist für mich ein wichtiges Kriterium. Hoch, das ziehe ich bei der Auswahl in Betracht. Mittel. Niedrig, spielt nur eine Nebenrolle. Sehr niedrig, spielt über- haupt keine Rolle. Null.

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