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acvProfil 4-2014

Radfahrerboom

Bruns, Vorsitzender des ADFC Frei- burg, äußert allerdings auch Bedenken. Freiburg gebe dem Radverkehr nicht den Raum, den er benötigt, wie etwa auf dem Dreisamuferweg. „Der hat längst seine Kapazitätsgrenze über- schritten“, sagt Bruns. Im Sommer komme es immer wieder zu gefährli- chen Überholmanövern. Rennradfahrer, Schüler, Berufspendler, Studierende, Eltern mit Kinderanhängern oder Kurie- re mit Lastenrädern – der Druck auf die Schnellrouten sei enorm. FREIBURG: FAHREN JA, PARKEN SCHWIERIG Hinzu kommt ein weiteres Problem: Wer in Freiburg mit dem Rad unter- wegs ist, findet kaum einen Parkplatz. Selbst im Winter sind rund um das Martinstor alle Abstellbügel belegt. Am Bertoldsbrunnen, dem Knoten- punkt der Straßenbahnen in der Fuß- gängerzone, gilt sogar ein Parkverbot für Fahrräder. Täglich fahren 35 000 Radfahrer in oder durch die Innenstadt, die 6000 Abstellplätze reichen nicht aus. Bernhard Gutzmer, Fahrrad- und Fußverkehrsbeauftragter der Stadt Frei- burg, kennt die Situation: „Die vorhan- denen Freiflächen sind mit unseren Fahrradbügeln belegt. In der Altstadt geht da nur noch punktuell etwas. Wir haben da schlichtweg ein Flächenprob- lem.“ In Münster ist die Situation nicht an- ders. 8000 Fahrradständer in der In- nenstadt und 3300 Stellplätze in der Radstation am Hauptbahnhof fassen die anströmenden Massen nicht mehr. Die Einwohner legen heute mehr Wege mit dem Rad (38 %) als mit dem Auto (36 %) zurück. Peter Wolter vom ADFC Münster sieht den Spitzenplatz unter Deutschlands Fahrradstädten längst in Gefahr: „Immerhin fahren die Radler heute auf einem Fahrradnetz, das über- wiegend in den 70er- und 80er-Jahren entstanden ist. Da war der Fahrradan- teil gut 50 Prozent geringer.” Die Infra- struktur wächst nur zögerlich mit. „Münster braucht Fahrradschnellwege wie in Dänemark und Holland“, fordert Wolter und verspricht sich davon auch mehr Sicherheit. MÜNSTER: RUNDER TISCH ZUM RADVERKEHR Statistisch gesehen verletzen sich in Münster jeden Tag sechs Menschen bei Fahrradunfällen, „und jeder zehnte Pa- tient muss sogar stationär versorgt werden“, betont Prof. Dr. Michael Raschke vom Uni-Klinikum Münster, der 2009 die Unfalldaten der Polizei und der Krankenhäuser bilanzierte und dabei auf 2250 Fahrradunfälle kam – dreimal so viele, wie polizeilich erfasst wurden. Für den ADFC-Vorsitzenden Wolter war das keine Überraschung: „Die Dunkelziffer und die Zahl der Al- leinunfälle musste ja sehr viel höher liegen, als die der Polizei gemeldeten Unfälle.“ Konkret hat sich in Münster bislang nichts geändert. Aber immerhin hat der ADFC mit dem Stadtplanungs- amt einen runden Tisch zum Radver- kehr verabredet. Von diesem „Trai- ningslager” erwartet Wolter, „dass wir wieder innovative Lösungen entwi- ckeln, für die Münster ja früher bekannt war.“ Die Fahrradlandschaft habe sich weiterentwickelt, jetzt müssen die Straßen angepasst werden. Doch während Münster noch an der Taktik feilt, geht man in Freiburg schon in die Vollen und setzt auf das Argu- ment „Zeitersparnis“. Frank Uekermann verspricht: „Morgens brauchst du mit dem Rad 15 Minuten weniger zur Ar- beit als mit dem Auto.“ Seine Motivati- onsstrategie kennt man aus der Wirt- schaft: Time. Money. Lifestyle. Du ge- winnst Zeit, sparst Geld und gehörst zu denen, die „in“ sind. Wer den Lifestyle voll ausleben will, kann ab Sommer 2014 sogar ein „Freiburg-Rad“ kaufen. „Wir können als Ingenieure nicht mehr nur rein baulich denken. Wir müssen diesen Lifestyle auch vermarkten“, sagt Uekermann. Loslegen kann er ab so- fort: Das entsprechende Logo hat sein Bürgermeister seit Jahresbeginn freige- geben. acv Profil 4/14 7 1Abkehr vom Gewohnten: Auf Fahrradstra- ßen dürfen Radler auch nebeneinander fahren 1So weit ist es schon: Rund um den Ber- toldsbrunnen ist das Abstellen von Fahrrä- dern verboten 7Verschwenkter Radweg: Hier müssen Radler nicht hinter haltenden Straßen- bahnen warten Auch am Martinstor stapeln sich die Fahrräder, die Abstell- plätze reichen nicht aus 3

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