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acvProfil 10-2013

Fahrerloses Fahren kommt in Mode

der „Fahrer“ seiner Aufgabe in keiner Weise nachkam. Tatsächlich gesteuert wurde der S 500 mit der Aufschrift „In- telligent Drive“ von einer hochkomple- xen Elektronik, die im Wesentlichen auf der Nutzung eines besonders aufwen- digen Navigationssystems, der Infor- mation durch zahlreiche Sensoren und deren Analyse durch spezielle Algorith- men basiert. Zusätzlich zu den bereits in der Serienversion der S-Klasse in- stallierten Assistenzsystemen war der autonom fahrende Versuchsträger un- ter anderem mit sechs weiteren Radar- systemen zur Erkennung der Umge- bung und anderer Verkehrsteilnehmer, einer Farbkamera zur Beobachtung von Ampeln sowie einer Heckkamera zur präzisen Standortbestimmung be- stückt. DER FAHRER SOLL NICHT ENTMÜNDIGT WERDEN So informiert war das Forschungsfahr- zeug in der Lage, nicht nur selbststän- dig die Spur zu halten, sondern auch entscheidungsabhängige Fahrsituatio- nen wie Kreisverkehre, Engstellen in Ortsdurchfahrten, Abbiegemanöver, in zweiter Reihe parkende Fahrzeuge so- wie der korrekten Erkennung von Am- pelsignalen und „Rechts vor links“-Si- tuationen ohne Eingriffe des zur Sicherheit hinter dem Lenkrad sitzen- den Fahrers zu bewältigen. Trotzdem legen die Daimler-Oberen großen Wert auf die Feststellung, dass das auto- nome Fahren nicht zur Entmündigung des Fahrers führen soll. „Unsere Sys- teme machen dem Fahrer ein Angebot zur Unterstützung und Entlastung. Wer selbst fahren möchte, kann das heute und auch in Zukunft jederzeit tun“, ver- sichert Daimler-Entwicklungsvorstand Weber. Und Daimler-Chef Dieter Zet- sche sieht den Sinn der neuen Techno- logie vor allem in ihrem Beitrag zum unfallfreien Fahren: „Autonome Fahr- zeuge reagieren auch dann, wenn der Fahrer unaufmerksam ist.“ REAKTIONSSCHNELLIGKEIT: NACH OBEN IST NOCH LUFT Manchmal reagieren sie bislang aber auch noch langsamer als der Mensch, wie etwa bei Situationsanalysen ange- sichts einer komplett blockierten Fahr- spur. Projektleiter Ralf Herrtwich: „Wo ein menschlicher Fahrer schon einmal beherzt in eine Lücke vorstoßen würde, verhält sich unser autonomes Fahrzeug eher zurückhaltend.“ Was auch bei den Testfahrten zwischen Mannheim und Pforzheim mitunter zu skurrilen Situa- tionen führte. Wenn das Fahrzeug an einem Zebrastreifen anhielt, um ver- meintlich wartende Fußgänger queren zu lassen, die Fußgänger aber das Auto zur Weiterfahrt aufforderten, blieb die autonome S-Klasse stoisch stehen. Herrtwich: „Mit so viel Höflichkeit ha- ben wir bei der Programmierung nicht gerechnet.“ acv Profil 10/13 9 Bis das Ziel des voll autonomen Fahrens erreicht ist, müssen nicht nur technische Entwicklungshürden genommen werden. Vieles, was jetzt schon technisch machbar wäre, ist heute rechtlich noch gar nicht erlaubt. So gestattet die inter- nationale UN/ECE-Regelung nur korrigierende Lenkeingriffe, aber kein automatisches Lenken bei Ge- schwindigkeiten über 10 km/h, und die für das EU-Recht relevante Wie- ner Straßenverkehrskonvention schreibt vor, dass der Fahrer sein Fahrzeug dauerhaft kontrollieren muss und jederzeit eingreifen kann. Eine weitere Voraussetzung für den Übergang von teil- zu hochautoma- tisierten Systemen ist ihre gesell- schaftliche Akzeptanz. Ähnlich wie bei der Erfindung des Automobils muss das Vertrauen in die techni- schen Fähigkeiten der Systeme erst noch wachsen. Doch dafür ist noch genug Zeit: Bis Intelligent Drive in die Serie kommt, dürften noch ein paar Jahre vergehen. Immerhin legt sich Daimler-Chefentwickler Dr. Thomas Weber schon mal fest: „Ge- hen Sie davon aus, dass wir das bis 2020 schaffen.“ AUTONOMES FAHREN: Vertrauen muss wachsen 1Künstliche Intelligenz: Der Versuchsträger fand seinen Weg auch ohne Zutun des Fahrers 1Digitale Entscheidungsschwäche: Bei blo- ckierten Fahrspuren hält sich das Versuchs- fahrzeug vornehm zurück 1Am Zebrastreifen: Höfliche Fußgänger sind – noch – nicht einprogrammiert Aufwendige Sensorik: Allein die Stereoka- mera im Bug liefert pro Stunde eine Daten- menge von 300 Gigabyte 3

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